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Was passiert in den Köpfen von Programmierern?

Was passiert in den Köpfen von Programmierern?

Magdeburger und Passauer Wissenschaftler untersuchen Aktivität von Hirnregionen mittels Magnetresonanztomographie

22.04.2014 - Was geht in den Köpfen von Programmierern vor? Diese Frage hat sich eine internationale Forschergruppe unter der Leitung von Dr. Janet Siegmund mit Beteiligung der Magdeburger Prof. Dr. Gunter Saake, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg (OVGU), Dr. André Brechmann vom Leibniz-Institut für Neurobiologie Magdeburg und Dr. Thomas Leich, METOP GmbH Magdeburg, gestellt. Mit Hilfe von Magnetresonanztomographie haben sie herausgefunden, was Programmverständnis ausmacht, warum Sprachkompetenz eine wichtige Rolle spielt - und wie man Ausbildung, Werkzeuge sowie Programmiersprachen in Zukunft verbessern könnte.

Um zu untersuchen, was in den Köpfen von Programmierern vorgeht, hat ein internationales Team von Passauer, Magdeburger und amerikanischen Wissenschaftlern Programmierer während ihrer Programmierarbeit in einem Magnetresonanztomographen beobachtet. Magnetresonanztomographie beobachtet Veränderungen des Blut-Sauerstoff-Gehalts im Gehirn, woraus Rückschlüsse auf die Aktivität einzelner Hirnregionen gezogen werden können. In dieser für die Informatik neuartigen Studie hat sich nun herausgestellt, dass beim Verstehen von Computerprogrammen u. a. dieselben Hirnregionen aktiviert werden, die auch beim Verstehen von natürlicher Sprache beteiligt sind.

„Wir haben nun erstmals Belege, dass das Lernen einer Programmiersprache mit dem Lernen einer Fremdsprache eng verwandt ist“, fasst Prof. Dr. Sven Apel, der an der OVGU promovierte und jetzt an der Universität Passau forscht und lehrt, zusammen. „Die wissenschaftliche Diskussion zur Eignung von Programmiersprachen und zur Ausbildung von Programmierern konnte in zurückliegenden Jahren nur anhand indirekter Beobachtungen geführt werden und war damit immer auf Spekulationen angewiesen.“ Neben grundlegenden Einsichten zum Entwurf und zur Durchführung zukünftiger Studien in diesem Bereich zeigen die Ergebnisse der Forscher neue Wege auf, wie die Ausbildung von Programmiererinnen und Programmierern langfristig verbessert werden kann. „Unsere Studie öffnet eine Tür zu einem ganzen Raum von neuen Möglichkeiten, das Erlernen von Programmierfertigkeit zu vereinfachen und zukünftig noch mehr Menschen, insbesondere auch mehr Frauen, für dieses technische Berufsfeld zu gewinnen“, sagt Dr. Janet Siegmund. Die junge Wissenschaftlerin hat ihre Doktorarbeit an der Fakultät für Informatik der OVGU geschrieben und die Experimente in Magdeburg durchgeführt, wo die Daten in enger Zusammenarbeit mit dem Experten für Magnetresonanztomografie Dr. André Brechmann und der Linguistin Dr. Anja Bethmann vom Leibniz Institut für Neurobiologie ausgewertet wurden. Seit August 2013 arbeitet Dr. Siegmund an der Universität Passau am Lehrstuhl für Softwareproduktlinien, wo der wissenschaftliche Artikel zur Originalstudie entstanden ist.

Auf Basis der Ergebnisse können zudem Softwarewerkzeuge und Programmiersprachen entwickelt werden, die Programmierern in ihrer natürlichen Arbeitsweise zukünftig mehr entgegen kommen - und sie dadurch effektiver arbeiten lassen. „Wir hoffen, dass Software in Zukunft fehlerfreier werden kann und so weniger Kosten für die Entwicklung und Wartung entstehen. Inzwischen machen die Wartungskosten, u. a. zum Vermeiden und Beheben von Programmfehlern, rund 80 Prozent der Kosten des gesamten Software-Lebenszyklus aus“, erläutert Dr. Janet Siegmund. „Die Idee zu diesem Projekt ist bei einem Treffen zwischen Forscherinnen und Forschern der Universität Magdeburg und des Leibniz-Instituts für Neurobiologie Magdeburg entstanden“, erinnert sich Dr. Siegmund. „Ich fand das Thema, das sich an der Schnittstelle zwischen Informatik, Psychologie und Neurobiologie bewegt, auf Anhieb sehr spannend.“ Mit der Veröffentlichung der Ergebnisse auf der renommiertesten internationalen Konferenz für Softwareentwicklung International Conference on Software Engineering findet die Forschung bereits weltweite Beachtung, denn sie liefert belastbare Erkenntnisse über einen Bereich, über den es bisher nur Vermutungen gab.

Um die interdisziplinären Herausforderungen dieses Projektes zu meistern, besteht das Forscherteam neben Dr. Janet Siegmund und Prof. Dr. Sven Apel von der Universität Passau aus den Forschern Dr. Anja Bethmann und Dr. André Brechmann vom Leibniz-Institut für Neurobiologie, Magdeburg, Dr. Thomas Leich, Metop GmbH Magdeburg, und Prof. Dr. Gunter Saake, Universität Magdeburg, sowie Prof. Dr. Christian Kästner, Carnegie Mellon University, USA, und Chris Parnin, Georgia Institute of Technology, USA.

Link zur Originalstudie: www.infosun.fim.uni-passau.de/cl/publications/docs/SKA+14.pdf

Ansprechpartner:Prof. Dr. Gunter Saake, Institut für Technische und Betriebliche Informationssysteme, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Tel.: 0391 67-58800, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

 

 

 

 

Ein Proband bei der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT).Foto: LIN

 

 

 

 

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Die aktivierten Gehirnregionen eines Software-Entwicklers.Foto: LIN

 

 

 

 

Authors: Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg

Lesen Sie mehr http://www.ovgu.de/home/Presse+_+Medien/Aktuelles/PM+38_2014.html

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